Gabriele Thies

View Original

Prokrastination: 11 Gründe für dein Aufschieben und erste Lösungsansätze

Bildquelle: canva.com

Du weißt es.

Du hättest es schon längst tun sollen.

Und du hast es wieder NICHT getan.

Du würdest es am liebsten verdrängen.
Das Dumme dabei ist, es staut sich nicht nur im außen, sondern auch in dir drin.

Du verurteilst dich dafür.

Es würde dir besser gehen, wenn es erledigt wäre. Wenn du es endlich vom Tisch hättest.
Dein Kopf wäre freier, vielleicht auch dein Schreibtisch.
Du hättest Luft und Zeit und Energie für andere Dinge. Für schönere Dinge.

Und du tust es trotzdem nicht!

Wovon spreche ich? Du hast es wahrscheinlich geahnt:
Es geht heute um’s Aufschieben oder Prokrastinieren.

Es geht um die Dinge, die wir „eigentlich“ tun wollen / sollen / dürfen / müssen.
Und die wir trotzdem nicht tun. Wiederholt nicht tun.

Es geht NICHT um die Aufgaben, die wir nicht wie geplant erledigen, weil etwas Wichtigeres dazwischengekommen ist. Oder weil wir schlecht geschlafen haben und in keiner guten körperlichen oder mentalen Verfassung sind.

Heute geht es um die Aufgaben,

  • die wir immer und immer wieder vor uns herschieben und gar nicht erst anfangen

  • bei denen wir uns „freiwillig“ permanent unterbrechen (lassen)

  • bei denen wir entweder gar nicht oder nur unter extremem Druck fertig werden.

Prokrastination: Das wiederholte Nichterledigen oder Zuspäterledigen von Aufgaben.

Du weißt schon:

Das können zum einen die ungeliebten und für manche langweiligen Routineaufgaben sein wie Buchhaltungsbelege sortieren, aufräumen et cetera.
Zum anderen können es größere Projekte sein, die wir einfach nicht an den Start kriegen – obwohl sie uns vielleicht sogar Spaß machen würden.

Ich werde oft gefragt, wie man den die Aufschieberitis bekämpfen* könnte.
Nach einem Patentrezept: Mach es so und dann ist alles gut und die Dinge erledigen sich von selbst.

(*Übrigens mag ich den Ausdruck „bekämpfen“ nicht so gerne: Muss es denn ein Kampf sein? Hast du echt Lust auf einen Kampf? Willst du deine Energie in einen Kampf investieren? Oder doch lieber in eine Lösung? Das nur nebenbei…)

Ich muss dich leider enttäuschen:

Es gibt kein Patentrezept gegen Prokrastination.

Warum?
Wenn es so einfach wäre, dann hätten wir das Problem vermutlich nicht.

Das Aufschieben kann sehr subtil sein. Es ist nicht immer auf den ersten Blick erkennbar und zu verstehen.

Gerne schieben wir etwas Anderes, vermeintlich Wichtigeres oder Interessanteres vor, um uns nicht genauer damit auseinandersetzen zu wollen, dass wir nicht das tun, was wir uns eigentlich (schon lange) vorgenommen haben.

Was also tun?

Ich habe mich lange mit diesem Phänomen beschäftigt und bin zum Entschluss gekommen, dass wir den Grund für unser Aufschieben verstehen dürfen und dann daraus viel einfacher eine Lösung entwickeln können.

11 Gute (?) Gründe für deine Aufschieberitis

#1: Prioritäten

Du stellst fest, dass der jetzige Zeitpunkt nicht der passende ist und dass andere Aufgaben wichtiger sind und Priorität haben.
Beispiel: Der kurzfristige Termin mit einem Kunden hat Vorrang vor der Statistik, die du eigentlich für deine Sichtbarkeit erstellen wolltest.

#2: Ungünstige Gewohnheiten

Du hast keine guten Routinen, um bestimmte Aufgaben zu erledigen.
Beispiel: Du machst dieses Jahr wieder keinen längeren Urlaub, weil du ihn bei deiner Jahresplanung nicht berücksichtigt hast. Jetzt sind dein Terminkalender und deine ToDo-Liste voll und es gibt keine Möglichkeit für eine längere Auszeit.

Erfahre hier mehr über ungünstige Gewohnheiten und wie du sie ändern kannst:
5 Gewohnheiten, die du ändern darfst, wenn du dir ein entspannteres und freieres (Business-)Leben wünschst

#3: Perfektionismus

Du hast zu hohe Ansprüche an das Ergebnis und dich selbst. Damit bremst du dich selbst aus.
Beispiel: Du gehst mit einem neu entwickelten Produkt nicht auf den Markt, weil du es immer noch nicht gut genug findest.

#4: Überforderung

Du kannst die Aufgabe nicht überblicken: Sie ist zu groß, zu anspruchsvoll oder zu komplex.
Beispiel: Du willst schon lange einen ersten eigenen Onlinekurs erstellen und hast keine Ahnung nicht, wo du anfangen sollst, wie du vorgehen kannst und was wichtig ist.

#5: Unterforderung

Die Aufgabe nervt dich und macht dir keinen Spaß.
Das Standard-Beispiel 😉: Du schiebst das Sortieren und Vorbereiten deiner Buchhaltungsbelege auf die lange Bank, weil es dich unendlich langweilt und du in dieser Zeit lieber andere, „wichtigere“ Dinge erledigen würdest.

#6: Sinn

Dir ist der Hintergrund und/oder Gesamtzusammenhang einer Aufgabe nicht klar und sie macht keinen Sinn für dich.
Beispiel: Du sollst für ein Projekt einen in deinen Augen völlig überflüssigen, aber umfangreichen Bericht schreiben.

#7: Konsequenzen

Du möchtest mögliche negative Folgen vermeiden, die das Erledigen einer Aufgabe nach sich ziehen.
Beispiel: Du schiebst die Steuererklärung auf, weil du mit einer hohen Nachzahlung rechnen musst.

#8: Angst

Du zweifelst, ob du die Aufgabe schaffen wirst. Oder du hast Angst vor den Konsequenzen, vor Überforderung, vor deinen eigenen Ansprüchen oder den Erwartungen anderer. Vielleicht hast du auch Angst vor Erfolg.
Beispiel: Dein heimlicher Wunsch ist es, ein eigenes Buch zu schreiben. Du fühlst dich dem aber noch nicht gewachsen und deshalb verstaubt dein fast fertiges Manuskript in der Schublade.

#9: Unterbewusstsein

Deine innere Stimme gibt dir ein Zeichen, das du nicht rational erklären kannst. Der Grund kann sein, dass der Zeitpunkt für diese Aufgabe nicht richtig gewählt ist. Vielleicht sind es auch die Rahmenbedingungen oder die Aufgabe selbst, die für dich nicht passt.
Beispiel: Du gehst mit deinem fast fertigen Selbstlernkurs nicht den letzten Schritt auf den Markt, weil du eigentlich doch viel lieber mit deinen Kunden im Direktkontakt arbeitest.

#10: Entscheidungen

Es fällt dir schwer, dich bei mehreren Alternativen zu entscheiden. Du machst stattdessen gar nichts.
Beispiel: Du möchtest eine bestimmte Fortbildung machen und hast zwei Anbieter zur Auswahl. Beide Angebote haben ihre Vor- und ihre Nachteile, so dass du ständig hin- und herschwankst und gar keine Entscheidung triffst.

#11: Ersatzbefriedigung

Das Erledigen eines Vorhabens erfordert einen gewissen Einsatz von dir – in Form von beispielsweise Zeit oder Energie. Statt dich dem zu stellen, suchst du dir lieber „billige“ Ersatzbefriedigung.
Beispiel: Statt endlich morgens vor der Arbeit Sport zu machen, wie du es dir schon lange vorgenommen hast, bleibst du jeden Tag wieder bis zur letzten Minute im Bett liegen.

ELF GUTE GRÜNDE FÜR DEINE AUFSCHIEBERITIS – und es gibt bestimmt noch einige mehr. Ganz oft liegt sicher auch eine Kombination dieser Gründe vor. Dann wird es noch komplexer.

Diese viele verschiedenen Gründe erklären auch, warum es keine One-size-fits-all-Lösung geben kann, die für alles und für jeden passt.

Dafür bieten dir diese Gründe einen guten Ansatz für deine individuelle und nachhaltige Lösung. Denn wenn du verstehst, was dahintersteckt, weißt du auch, wo du ansetzen kannst.

Dein erster Lösungsansatz gegen Prokrastination

#1: Wahrnehmen

Nimm deine Aufschieberitis ganz bewusst wahr.
Ja, es gibt Dinge, die ich immer wieder aufschiebe.
Das ist der erste Schritt, denn selbst dieses Bewusstmachen schieben wir gerne mal vor uns her.

#2: ANERKENNEN

Erkenne die Gründe für dein Aufschieben und nimm sie an:
Ja, ich schiebe XY auf, weil…
Bleibe neutral und sachlich dabei. Du löst dieses Problem nicht einfacher oder schneller, wenn du dich selbst verurteilst und dir ein schlechtes Gewissen machst und dich selbst abwertest.

#3: Strategie entwickeln

Wenn du deine Aufschieberitis besser verstehst, erkennst du, wo du ansetzen kannst:
Sind es schlechte Gewohnheiten?
Deine Denkmuster?
Deine Fähigkeiten?
Deine Strategie?
Die Rahmenbedingungen?
Oder etwas ganz anderes?

Und übrigens – Teil deiner Lösungsstrategie kann es auch sein, deine Herangehensweise und Einstellung gegenüber deiner Aufschieberitis zu ändern:

Vielleicht kannst du manche Aufgaben ganz streichen, weil sie generell doch nicht so wichtig sind?
Vielleicht kannst du sie verschieben, weil sie JETZT nicht wichtig sind?
Vielleicht brauchst du für manche Dinge einfach DEIN Tempo?
Oder vielleicht macht es mehr Sinn, sie künftig zu delegieren, denn wer sagt denn, dass alles du selbst machen musst?

Lies gerne hier weiter:
Prokrastination beenden: Was kannst du tun, wenn du mit einem Projekt feststeckst?

Auf den Punkt gebracht:

Es gibt keine Patentlösung, um Aufschieberitis in den Griff zu kriegen. Denn die Gründe, warum du prokrastinierst und nicht das tust, was du dir vorgenommen hast, sind vielfältig. Und genauso vielfältig sind die Lösungen.

Zum Schluss verrate ich dir noch ein Geheimnis:

Dieser Artikel stand schon lange, schon sehr lange auf meiner Content-Ideenliste. Und ich habe ihn nicht geschrieben – oder besser gesagt, ich habe ihn aufgeschoben. Immer wieder kam mir das Thema in den Sinn, angefangen habe ich trotzdem nicht damit.

Warum? Gute Frage.

Zum einen hatte der Artikel keine wirkliche Dringlichkeit für mich (es war ja erstmal nur eine Idee) und zum anderen war es wohl nötig, das Thema Aufschieberitis in mir wirken zu lassen und in meinem eigenen Kopf noch ein wenig zu sortieren und auch zu verstehen.

Und jetzt, jetzt ist genau der richtige Zeitpunkt dafür. Ich glaube, er ist ganz gut geworden und das Warten (Aufschieben!?) hat sich gelohnt.

Lust auf Mehr?

Gerne unterstütze ich dich als Sparringspartnerin, mehr in deine Klarheit zu kommen und eine smarte Struktur in deinem Alltag zu etablieren, damit du deine Pläne und Visionen fokussiert und gleichzeitig entspannt umsetzen kannst.
Schreib mir eine Mail und wir klären, ob und wie ich dich unterstützen kann.

Vielleicht interessieren dich auch diese Artikel: