Gabriele Thies

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Vom Glück und Un-Glück der Selbständigkeit

Bildquelle: Unsplash.com

Bist du schon lange selbständig? Dann hast du wahrscheinlich schon einige Phasen in deinem Business mitgemacht:

Von der Begeisterung über die Freiheit in der Selbständigkeit über sich einschleichenden Alltag – irgendwann gewöhnt man sich an alles – bis hin zu Phasen von Frust, Angst und Zweifel. Ich jedenfalls kenne das alles und es würde mich wundern, wenn es bei dir anders wäre.

Vielleicht ist deine Selbständigkeit auch noch ganz frisch oder du bist noch nicht soweit und spielst erst mit dem Gedanken, etwas Eigenes aufzuziehen:

Dann kannst du dich darauf schon einmal einstellen – das ganze Leben läuft nun mal in Phasen und davon gibt es gute und weniger gute.

Mit Beginn meiner Selbständigkeit vor ein paar Jahren hat sich bei mir eine Gewohnheit etabliert: Nicht immer nur nach vorne zu schauen und Pläne zu schmieden, sondern auch regelmäßige Rückschau und Reflexion, was war und – ganz wichtig! – was ich daraus machen kann, egal ob es positiv oder negativ war.

In diesem Fall habe ich mir folgende Fragen einmal genauer angeschaut:

Was bedeutet für mich GLÜCK in der Selbständigkeit?
Welche Aspekte der Selbständigkeit sind für mich positiv?

Was verbinde ich eher mit UN-GLÜCK in meiner Selbständigkeit?
Welche Aspekte sind für mich negativ?

Vielleicht kann ich DICH mit meinen Erkenntnissen inspirieren?

Das GLÜCK in meiner Selbständigkeit

Mich selbst entdecken: Wer Bin ich und Was steckt noch in Mir?

Es gibt kaum ein krasseres Programm zur Persönlichkeitsentwicklung als die eigene Selbständigkeit, vor allem, wenn du selbst Mittelpunkt deines Angebots bist und nicht ein physisches Produkt im Vordergrund steht.

Seit ich mein eigenes Business habe, bin ich mir selbst so viel nähergekommen:

Wer bin ich? Wer bin ich WIRKLICH?
Was kann ich (noch) alles?
Was macht mir wirklich Spaß?
Wo stehe ich mir selbst (immer wieder) im Weg?

Zumindest bei mir war es früher so, dass ich mich in meinem Angestellten-Dasein gerne versteckt habe, wenn auch unbewusst. Ich habe mich als Person versteckt hinter meinem Job und den damit verbundenen Aufgaben, hinter den Strukturen, die von außen vorgegeben waren und hinter den Menschen, die in der Hierarchie über mir standen.

Ich hätte wirklich NIE gedacht, dass mich die eigene Selbständigkeit so aus der Komfortzone katapultiert und ich finde das super-spannend. Ich empfinde es als Glück, auch wenn es definitiv nicht immer einfach war und IST.

Vor allem die Frage „Wer bin ich wirklich und was steckt noch in mir?“ motiviert und inspiriert mich weiterzumachen, auch wenn es mal holprig wird.

Ist das nur bei mir so oder kennst du das auch?

Etwas Sinnvolles tun

Ich könnte auch sagen: Sinnhaftigkeit nach meinen Regeln.

In meinen vielen Angestellten-Jobs (und ich hatte sehr viele…) habe ich mich oft gefragt, warum ich eigentlich tue, was ich tue? Welchen Sinn das ganze macht? Wem mit meiner Arbeit gedient ist?

An der Frage nach dem WARUM im eigenen Business kommst du im Positionierungsprozess (und auch später) nicht vorbei. Das eigene WARUM ist der Motor und das Herz deines Businesses.

Tatsächlich habe ich mich erst in der Selbständigkeit intensiver mit diesen Fragen auseinandergesetzt:

Was will ich eigentlich in die Welt bringen?
Was ist mir wirklich wichtig im Leben?
Wo kann ich einen Beitrag für die Welt leisten?
Wie groß oder klein darf mein Beitrag sein?
Was ist so sinnvoll für mich, dass ich meine kostbare Zeit und Energie dafür investieren möchte?
Welche Talente und Fähigkeiten habe ich, um anderen Menschen oder der Welt etwas Gutes zu tun
(was übrigens ein extrem schönes Gefühl ist…)?

Als ich mit dieser Art von Fragen gestartet habe (dafür musste ich übrigens Mitte 40 werden… vorher habe ich wohl eher so vor mich hingelebt…) dachte ich erst, die Antwort nach dem Sinn ist immer etwas Großes.

Heute bin ich überzeugt, auch mein kleiner Beitrag ist es wert, in die Welt getragen zu werden. Ich muss nicht die ganze Welt retten, aber vielleicht kann mit meinen OrganisationsCoachings ein paar der Frauen „retten“, die permanent Land unter sind und darauf keine Lust und auch keine Energie mehr haben.

Meinen Weg gehen und mein Leben leben

Meinen eigenen Weg gehen und mein eigenes Leben leben, wollte ich VOR der Selbständigkeit auch schon, aber ehrlich gesagt, ist es mir nur bedingt geglückt – zu eng waren die von außen vorgegebenen Strukturen.

Die Selbstbestimmung und Freiheit einer Selbständigkeit schätze ich heute sehr und möchte sie nicht mehr missen:

Ich habe das große Glück, selbst entscheiden zu dürfen,

wann, wo, mit wem, wie viel und was ich arbeite,
welche Ziele und Prioritäten ich setze,
wo ich meinen Fokus hinlenke,
in welche Richtung ich mich weiterentwickeln möchte,
welche Aspekte in meinem Business und meinem ganzen Leben ich verstärken möchte oder auch nicht.

Für mich ist das alles wirklich ein großes Glück, denn ich bin ein sehr freiheitsliebender Mensch. Tatsächlich brauche ich auf der anderen Seite aber auch Strukturen, die mir Sicherheit und ein Fundament geben. Denn NUR Freiheit kann auch ganz schnell überfordern, aber dazu im zweiten Teil beim Un-Glück.

Selbstbestimmung hat auch viel mit Selbstwirksamkeit zu tun: Ich nehme mir etwas vor, ich ziehe es durch und am Ende habe ich etwas aus eigener Kraft geschaffen. Auch wenn das Ergebnis vielleicht nicht immer so ist wie der ursprüngliche Plan, ist es ein tolles Gefühl, selbst etwas auf die Beine gestellt zu haben.

All die genannten Punkte, die mein persönliches Glück im Business sind, haben sich übrigens erst MIT der Selbständigkeit herauskristallisiert. Ich habe nicht mit der Absicht gegründet, um mich selbst zu finden, sondern ehrlich gesagt eher aus der Not heraus…. Was auch schon wieder ein Glück ist, denn hätte sich meine letzte Festanstellung nicht so herausfordernd entwickelt, wäre ich nie, nie, nie auf die Idee der Selbständigkeit gekommen.

So – und jetzt zur Kehrseite der Medaille. Denn wie überall im Leben gibt es auch in der Selbständigkeit zwei Seiten.

Das UN-GLÜCK IN meiner Selbständigkeit

die eigene Un-Sicherheit

Wie sicher bin ich eigentlich in meiner Selbständigkeit?
Die Sicherheit kann viele Aspekte haben: finanziell, fachlich, mental, in mir selbst und so weiter.
Sicherheit war und ist immer noch eine große Herausforderung für mich.

Lass uns mal den finanziellen Aspekt nehmen: Vorbei sind die Zeiten, in denen am Monatsende eine (ziemlich) sichere Gehaltsüberweisung eintrudelt. Gerade am Anfang habe ich mich damit sehr gestresst und selbst unter Druck gesetzt. Zu meinem Glück habe ich einen Ehepartner, der mich im Zweifel unterstützt – nur das will ein freiheitsliebender Mensch wie ich natürlich NICHT auf Dauer.

Finanzielle Unsicherheit muss man erstmal aushalten können, denn ein eigenes Business baut sich in der Regel nicht von heute auf morgen auf.

Das persönliche Gefühl von Un-Sicherheit ist aber noch viel weiter gespannt: Ganz viele Selbständigen kämpfen auch mit Selbstzweifeln und mangelnder Selbstsicherheit:

Bin ich überhaupt gut genug? Reicht das, was ich kann?
Wer bin ich überhaupt, dass ich mir einbilde, andere Menschen coachen oder beraten zu können – wo bei mir doch auch nicht immer alles glatt läuft?
Wird das überhaupt gebraucht, was ich anbiete?
Zahlen die Menschen dafür Geld?

Bla bla bla… und so weiter…

Das sind alles Zweifel, die in meinem Kopf mal mehr und mal weniger kreiseln. Zum Glück immer weniger, weil ich weiß, dass das nicht die Wahrheit ist, sondern sich mein Kopf nur ausdenkt.

Seit ich selbständig bin, habe ich gefühlt zehn Mal mehr mentale Blockaden, negative Glaubenssätze, Zweifel und Ängste in mir identifiziert als in den ganzen 25 Jahren Festanstellung zuvor, zum Beispiel:

Die eigene Sichtbarkeit und mich als Person angreifbar in den Mittelpunkt zu stellen.
Die eigene Klarheit, was mich wirklich ausmacht und was ich wirklich will.
Das eigene Vertrauen in mich selbst, in mein Business, in andere Menschen, in das Leben überhaupt.

Das Schöne ist ja, dass alle diese negativen Aspekte so ein großes Potenzial für die eigene Weiterentwicklung haben.

Wie gesagt, ich spreche aus eigener Erfahrung, und ich habe mich in den vergangenen Jahren sehr intensiv damit beschäftigt, meine eigene Un-Sicherheit zu überwinden. Da ist definitiv noch Luft nach oben und gleichzeitig bin ich so dankbar, dass mir die Selbständigkeit diese sehr persönlichen Themen aufgezeigt hat, denn das macht das Leben echt reicher.

Entscheidungen treffen

Du erinnerst dich: Bei den Glücks-Aspekten habe ich von Selbstbestimmung und Freiheit gesprochen – und anklingen lassen, dass das gar nicht immer einfach ist.

Ich gebe es zu: Entscheidungen zu treffen, überfordert mich manchmal ziemlich. Vor allem, wenn man theoretisch alle Möglichkeiten hätte (siehe oben: „Ich habe das große Glück, selbst entscheiden zu dürfen, wann, wo, mit wem, wie viel und was ich arbeite“)

Für manche Menschen ist es ein GLÜCK, Rahmenbedingungen und Strukturen vorgegeben zu haben, zum Beispiel im Rahmen einer Festanstellung, die einem viele Entscheidungen abnehmen (allerdings sollte man sich dann auch nicht permanent beschweren, wie viele Angestellte das tun).

Tatsache ist, mit eigenem Business bist du dein eigener Chef. Du bist in der Regel unabhängiger und selbstbestimmter als Angestellte.

Aber Hand auf’s Herz: Lebst du das in deiner Selbständigkeit auch? Und zwar so, dass es dir gut tut?

Unter meinen Kundinnen sind viele Selbständige, die im inneren Chaos sind, weil sie mit der Vielzahl der Möglichkeiten und Entscheidungen im Außen überfordert sind. Weil sie nicht gelernt haben, sich selbst zu führen und zu strukturieren.

Auch für mich ist das immer wieder eine Herausforderung. Und auch hier wieder: Eine Herausforderung, an der ich wachsen kann, die mich mehr zu mir selbst bringt – zum Beispiel, um Entscheidungen in meinem Business zu treffen, die mich mehr zu meinem eigenen Kern bringen. Und damit zum Erfolg und einem erfüllten Leben.

Selbst und Ständig: Die Freiheit und das Hamsterrad liegen in der Selbständigkeit nah beieinander.

Der Spruch mit dem “selbst und ständig arbeiten” ist so alt und gleichzeitig so sehr Realität:
In der Selbständigkeit arbeitest du selbst und ständig.

Rein rational betrachtet, ist dieser Spruch natürlich NICHT wahr, denn warum solltest du selbst und ständig arbeiten, wenn du das nicht willst?

In der Realität ist es in der Selbständigkeit so, dass wir

gefühlt nie mit der Arbeit fertig sind und es immer was zu tun gibt,
wir vieles tun (müssen), was nicht zu unserer Kernkompetenz gehört und uns das viel Zeit und Energie kosten kann,
wir oft viele Aufträge annehmen, um uns finanziell abzusichern,
uns häufig gute Strukturen und Routinen im Alltag fehlen, die uns das (Business-)Leben leichter machen würden,
uns oft der Fokus und der Blick von außen fehlen und wir Gefahr laufen, betriebsblind zu werden,
wir viele Sorgen, Entscheidungen, Aktivitäten alleine tragen und verantworten müssen.

Paradoxerweise sind Freiheit und Selbstbestimmung nicht so weit vom Hamsterrad und der Gefahr auszubrennen entfernt.

Wie gesagt: Es gibt immer zwei Seiten einer Medaille und die Kunst ist es, die Balance zu bewahren.

Im Fall von „Selbst und Ständig“: Es ist so wertvoll, sich Unterstützung zu holen. Diese Unterstützung kann vielfältig und sehr individuell sein, zum Beispiel in Form von

regelmäßigem Austausch mit Kollegen und Netzwerkpartnern
Co-Working
Unterstützung durch (freie) Mitarbeiter oder Partner
Kooperationen mit Partnern
Coachings, Beratungen und Masterminds

Ein Fazit

Was Glück oder Un-Glück für dich, dein Business, dein Leben bedeutet, entscheidest DU selbst.

Du kannst vielleicht nicht alles im Leben steuern, und gleichzeitig hast du es ein großes Stück weit selbst in der Hand, dein Business und dein Leben so zu organisieren, dass es dich glücklich macht. Nicht jeden Tag, aber vielleicht jeden Tag ein kleines Stück mehr.

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